Objektive Beurteilung von strukturierten Oberflächen

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Bislang konnten Narbung und Oberflächenstruktur nur visuell oder durch wissenschaftliche Mikroskope beurteilt werden. Das neuartige Messgerät "Spectro2Profiler" von Byk-Gardner stellt einen Wendepunkt in der Analyse von strukturierten Oberflächen dar. Mit dem Messgerät lassen sich jetzt Farbe, Glanz, 2D-Reflexionsvermögen sowie 3D-Topographie in Sekundenschnelle ganzheitlich erfassen und auswerten. Mittels photometrischer Stereotechnik werden die Oberflächennormalen bestimmt, um eine 3D-Topographie dieser Oberfläche zu berechnen. Die Berechnung der Oberflächennormalen erfolgt, indem ein Objekt aus verschiedenen Beleuchtungsrichtungen aufgenommen wird. Oberflächenstrukturen wie Ledernarbungen oder grobe Pulverlacke können durch ihre Strukturzellen charakterisiert werden. Um die Topographie in Zellen zu unterteilen, wird der Wasserscheidentransformation(WST)-Algorithmus verwendet, ein bereichsbasierter Segmentierungsansatz. Typische Oberflächenmerkmale können mit Hilfe der WST berechnet werden, um verschiedene Strukturen zu vergleichen.

Konventionelle Messung von Reflektion und Glanz

Reflektion und Glanz entstehen durch die Wechselwirkung von Licht mit den physikalischen Eigenschaften der Probenoberfläche. Die Intensität ist abhängig vom Material und Beleuchtungswinkel. Die Messergebnisse eines herkömmlichen Glanzmessgeräts beziehen sich auf das von einem Schwarzglasstandard mit einem definierten Brechungsindex reflektierten Lichts. Zwar sind die Messgeräte von heute sehr präzise und in der Industrie weit verbreitet, bergen aber einige Schwachpunkte bei der Vermessung von strukturierten Oberflächen. Sowohl Schattenwurf als auch für den Messdetektor unsichtbare Stellen können das Messergebnis verfälschen. Darüber hinaus hängt die Wahrnehmung von Glanz nicht nur vom Spiegelglanz, sondern auch vom beobachteten Kontrast zwischen spiegelnden Glanzlichtern und diffus reflektierenden Oberflächenbereichen ab. Ein konventionelles Glanzmessgerät ist nicht in der Lage räumlich verteilte Reflektionen zu erfassen.

Ortsaufgelöste 2D-Reflektionsmessung in Kombination mit 3D-Topographiedaten

Das portable Messgerät Spectro2Profiler bietet eine neue kamerabasierte Technologie zur Erfassung der räumlichen Reflektionsverteilung. Eine koaxiale Lichteinkopplung (Inline-Beleuchtung) verhindert Wurfschatten, unsichtbare Bereiche und perspektivische Verzerrungen, so dass die Messung von der Orientierung unabhängig ist. Die Kamera nimmt grauskalierte 2D-Reflektionsbilder auf, in denen jeder Pixel einen Reflektionswert darstellt, der eine detailliertere Analyse der Reflektionsverteilungen einer Oberfläche ermöglicht. Um das Gesamterscheinungsbild eines Objekts zu beurteilen, ist es notwendig, Oberflächenstruktur und Reflektion parallel zu messen, da sie sich gegenseitig beeinflussen, aber für eine visuelle Gesamtbeurteilung zusammengefasst werden müssen. Da unsere Augen nur in der Lage sind, 2D-Informationen zu erfassen, rekonstruiert das menschliche Sehsystem 3D-Informationen von Objekten in unserem Gehirn unter Verwendung von Schattierungen und Reflektionen. Das heißt, die wahrgenommene Tiefe einer Struktur ist abhängig von der Reflektion auf den Hügeln und in den Tälern. Da das Messgerät für die Erfassung von 3D-Topographie- und 2D-Reflektionsdaten dasselbe Kamera- und Linsensystem verwendet, ist es möglich, die Daten beider Messprinzipien zu kombinieren. Auf diese Weise kann die Reflektion an Hügeln und Tälern voneinander getrennt werden. Der Unterschied zwischen der Reflektion von Hügeln und von Tälern beschreibt den Kontrast und die wahrgenommene Tiefe einer strukturierten Oberfläche. Aktuell verfügt das Gerät über drei Algorithmen zur Analyse von Oberflächenstrukturen: lederähnliche Strukturen, grobe Lackstrukturen und feine Lack- oder Kunststofftexturen. 
Aufgrund sehr guter technischer Eigenschaften bezüglich Wiederholbarkeit und Geräteübereinstimmung können digitale Standards als Referenz verwendet werden und ermöglichen eine reibungslose Kommunikation innerhalb einer globalen Lieferkette. Unsere visuelle Wahrnehmung von Farbe-, Glanz und Struktur kann nun ganzheitlich und objektiv beurteilt werden, wodurch ein harmonisches Aussehen beim Zusammenbau von unterschiedlichen Bauteilen optimiert werden kann – sowohl im Labor als auch an der Produktionslinie.

Der komplette Beitrag ist in der JOT 09/2020 erschienen.

Autor(en): Dr. Christopher Groh, Jonas Harmeling und Gabriele Kigle-Böckler von BYK-Gardner

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