Oberflächen-Entwicklung nach biologischem Vorbild der Haut

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Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat die bundesweite Förderung eines neuen Schwerpunktprogramms bewilligt, in dem Oberflächen mit hautähnlichen Eigenschaften entwickelt werden sollen. In einem Zeitraum von sechs Jahren werden 13 Einzel- und Verbundprojekte darauf abzielen, wissenschaftliche Grundlagen zur Funktionalisierung von Oberflächen zu erarbeiten, die thermisch aktiviert selbst anpassende Eigenschaften ausbilden. Die Herausforderung für die Wissenschaftler bestehe darin, vielfältige Eigenschaften bei Temperaturen oberhalb 400 °C zu erzielen und zu erhalten.

Beispiele solcher selbst anpassenden Eigenschaften sind die "Selbstheilung" bei lokaler Schädigung der Oberfläche, die Freisetzung von Schmierstoffen bei aufkommender Reibung, die Ausbildung von Nanostrukturen zum Abweisen von Flüssigkeiten (ähnlich dem Lotus-Effekt) sowie integrierte Sensor-/Aktuatorelemente, die bei hohen Belastungen vor der Zerstörung der Werkstoffoberfläche warnen.

Wissenschaftler der Brandenburgischen Technischen Universität, Cottbus, (BTU), die das Programm initiiert hat und künftig koordinieren wird, und Kollegen der RWTH Aachen entwickeln völlig neuartige Dünnschichtsysteme. Diese seien nach Angaben der Forscher in der Lage, Bauteiloberflächen aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung sowie ihrer besonderen Nanolaminatstruktur "revolutionäre Eigenschaften" zu verleihen, indem sie die Hitzebeständigkeit und Härte von Keramik mit der Bearbeitbarkeit und Schadenstoleranz von Metallen vereinen.

Ferner sei geplant, gemeinsam mit Forschern des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, Köln, der Dechema, Frankfurt/Main, sowie der Technischen Universität Berlin eine spezielle Oberflächenstruktur für hoch belastete Turbinenschaufeln zu entwickeln. Entsprechende Folien, die Flugzeugen mit einer "Haifischhaut" beschichten, seien bereits erfolgreich getestet worden. Die an die Oberfläche von Haifischhaut angelehnte Struktur soll durch einen verminderten Luftwiderstand zu erheblichen Kerosin-Einsparungen geführt haben. Mit ihrer Neuentwicklung streben die Wissenschaftler nun Einsatztemperaturen bis etwa 1.200 °C an, wie sie in Flugzeugtriebwerken herrschen. Hintergrund sei auch hier, Verbrauch und Schadstoffemission von Flugzeugantrieben zu reduzieren.

In einem weiteren Projekt sollen Schichtsysteme zur Herstellung adaptiver Oberflächen zunächst als Kunststoffschichten mit Hilfe so genannter präkeramischer Polymere aufgebracht werden. Die dafür verwendeten siliciumorganischen Verbindungen können wie Kunststoffe verarbeitet und nach Angaben der Forscher unter bestimmten Reaktionsbedingungen in spezieller Reaktionsatmosphäre zu keramischen Schichten umgewandelt werden. Mit Hilfe von Füllstoffen, die im Polymer vermischt auf die Oberfläche der zu funktionalisierenden Metalle aufgebracht werden, sei die Steuerung der Schichteigenschaften in weiten Grenzen möglich.

Solche Schichtsysteme können zum Beispiel für wasserabweisende Schichten genutzt werden, um die Innenoberfläche chemischer Großreaktoren zur Treibstoffherstellung vor Korrosion durch Wasserdampf zu schützen. Mechanisch hoch belastete Teile können die Reibung selbst verringern, indem Sie ab einem bestimmten Druck auf ihre Oberfläche Schmierstoffe freisetzen.

Autor(en): Thomas Jungmann

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